Kritik: „Ein Mann namens Ove“

Wer noch auf der Suche nach einer locker-leichten Lektüre für den Urlaub, den Strand oder dem Zubettgehen ist, dem empfehle ich „Ein Mann namens Ove“ von Fredrik Backman. Zwar wurde die Thematik „Mürrischer-alter-Mann-trifft-auf-(Ausländer)Familie-mit-Kindern-und-zeigt-seine-weiche-Seite“ in der Vergangenheit schon mehrfach aufgegriffen (z. B. in „Gran Torino“ oder „St. Vincent“), doch Backman erzählt die Story in solch einem witzigen, erfrischenden, leichtfüßigen und mitunter ironischen Ton, dass es ein Spaß ist, das Buch zu lesen. Die gesamte Zeit über verspürt man ein kleines Lächeln auf den Lippen. Zudem werden in Nebensätzen immer wieder Anmerkungen −natürlich in Form von Oves bissigen Kommentaren − über die Entwicklung der Gesellschaft eingestreut, die doch eine große Portion Wahrheit enthalten und denen ich vollkommen zustimme.

Ove hat so seine ganz eigene Vorstellung, wie man sich im Leben und vor allem in seinem Wohnviertel zu verhalten hat. Mit seinen täglichen Kontrollgängen, in deren Verlauf er sich unter anderem penibel notiert, wer zum Beispiel trotz Verbotsschild falsch geparkt hat, geht er seinen Nachbarn teilweise gehörig auf die Nerven. Sein Leben, das durch den Tod seiner Frau Sonia einen großen Einschnitt erfahren hat, ändert sich von heute auf morgen, als die schwangere Parvaneh mit samt Ehemann und zwei kleinen Kindern in die Nachbarschaft zieht. Zwischenzeitlich erfahren wir, wie Ove zu dem Mann wurde, der er heute ist. Dabei wird ersichtlich, welch ein herzensguter Mensch er doch eigentlich ist.

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© FISCHER Krüger

Fredrik Backman „Ein Mann namens Ove“
FISCHER Krüger
368 Seiten, gebunden
ISBN 978-3-8105-0480-7
€ (D) 18,99 | € (A) 19,60 | SFR 27,50

Kritik: „Grand Budapest Hotel“

Es ist eine gefühlte Ewigkeit her, dass ich euch einen Film empfohlen habe. Aber in letzter Zeit war es oft so, dass ich den angefangenen Film abgebrochen habe, da er entweder langweilig, uninteressant oder einfach schlecht gemacht war. Nicht so bei „Grand Budapest Hotel“. Wobei ich hier zunächst auch so meine Bedenken hatte. Schließlich besteht bei Filmen von Wes Anderson immer eine 50/50-Chance. Während ich „The Royal Tenenbaums“ und „Die Tiefseetaucher“ doch ein wenig zu abstrus fand, hat mir „Moonrise Kingdom“ wiederrum sehr gut gefallen. Nun also „Grand Budapest Hotel“, der mit vielen (Gast)Stars aufwartet (u. a. Ralph Fiennes, Adrien Brody, Willem Dafoe, Edward Norton, Bill Murray und, und, und).

Von Anfang haben mich die Ausstattung, die Farben sowie die Kostüme angesprochen. Sie passen perfekt zum Stil des Films. Eins sei direkt gesagt, man muss sich darauf einlassen können, dass es sich hierbei nicht um eine gradlinig erzählte Geschichte handelt, sondern dass hier und da auch Wege gegangen werden, die man so nicht erwartet/kennt. Wer ausschließlich auf realistische Streifen steht, sollte von „Grand Budapest Hotel“ lieber die Finger lassen, denn der Film überrascht mit vielen ungewöhnlichen Handlungen und Aufnahmen. Zur Handlung mag ich gar nicht viel sagen, denn ich könnte die amüsanten Wendungen und Einfälle des Regisseurs nicht adäquat wiedergeben. Im Mittelpunkt stehen der Lobbyboy Zeró Moustafa und der beliebte Concierge Monsieur Gustave H., der aufgrund von Intrigen unter Mordverdacht gerät. Wie er mithilfe von Zeró und anderen aus dem Gefängnis flieht und was ihm sonst noch auf seiner Flucht passiert, solltet ihr euch einfach selbst ansehen.

Kritik: „Das Rosie-Projekt“/„Der Rosie-Effekt“

Heute möchte ich euch nicht nur ein, sondern gleich zwei Bücher vorstellen/empfehlen, die innerhalb kürzester Zeit erschienen sind: „Das Rosie-Projekt“ und „Der Rosie-Effekt“ von Graeme Simsion. Beide Bücher handeln von Don Tillman, der ein wenig anders ist als alle anderen (wobei er mir bei dieser Aussage bestimmt direkt widersprechen würde).  Gut durchdachte Abläufe, liebgewonne Rituale  sowie vorbereitete Essens- und Zeitpläne bestimmen sein Leben. Sobald sich der Tagesablauf an nur einer Stelle verändert, gerät er in Panik. Selbst seine zukünftige Ehefrau möchte er mithilfe eines Fragebogens ermitteln, um auf diese Weise die perfekte Partnerin zu finden. Manch einer würde Don als Autisten bezeichnen (er sieht dies freilich nicht so).

Wie es kommen muss, trifft er auf Rosie, die so gar nicht seinen Vorstellungen von einer geeigneten Ehefrau entspricht. Gemeinsam gehen sie in „Das Rosie-Projekt“ das Rätsel an, wer Rosies Vater sein könnte. Schließlich ist Don Genetiker. Sämtliche Geschehnisse werden aus Dons Sicht geschildert. Und das ist das Tolle an den Büchern: Endlich mal keine emotionale, sondern eine pragmatische, rationale Sichtweise. Eine gelungene Abwechslung in der manchmal doch ähnlich gestrickten Romanwelt. Einige Denkweisen konnte ich sogar sehr gut nachvollziehen.

Ich hoffe, ich verrate nicht zu viel, wenn ich berichte, dass im zweiten Teil, „Der Rosie-Effekt“, Rosies Schwangerschaft im Mittelpunkt steht. Auch der Nachfolgeband hat mich insgesamt sehr gut unterhalten. Doch ich muss zugeben, dass mir Rosie mit ihren Erklärungen, warum sie mit Don und seinem Verhalten während dieser Zeit nicht klar kommt, auf die Nerven gegangen ist. Meine Sympathie für sie hielt sich dieses Mal in Grenzen.

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© FISCHER Taschenbuch

Graeme Simsion „Das Rosie-Projekt“
FISCHER Taschenbuch
368 Seiten, Broschur
ISBN 978-3-596-19700-2
€ (D) 9,99 | € (A) 10,30 | SFR 14,90

 

 

 

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© FISCHER Krüger

Graeme Simsion „Der Rosie-Effekt“
FISCHER Krüger
448 Seiten, gebunden
ISBN 978-3-8105-2258-0
€ (D) 18,99 | € (A) 19,60 | SFR 27,50

Kritik: „A Young Doctor’s Notebook“

Heute gibt es etwas für den schnellen Genuss. Doch dieses Mal nicht in kulinarischer, sondern in kultureller Hinsicht. Die erste Staffel von „A Young Doctor’s Notebook“ umfasst gerade einmal 4 Folgen à 25 Minuten. Die knapp 2 Stunden haben mir dennoch mehr Freude bereitet als so manche Staffel, die 20 und mehr Folgen aufweist.

Im Mittelpunkt steht Vladimir Bomgard (Daniel Radcliffe, „Harry Potter“), der 1917 erfolgreich sein Medizinstudium absolviert hat und nun in die niederste russische Provinz versetzt wird. Schnell stellt er fest, dass er in Moskau zwar Studienprimus war, Theorie hier jedoch nicht gefragt ist. So flüchtet er zum Beispiel unter fadenscheinigen Ausreden vor einer Beinamputation und versucht noch schnell, sich entsprechendes Wissen in den Büchern seines Vorgängers, dem ehrwürdigen Leopold Leopoldowisch, anzulesen, bevor er den ersten Schnitt ansetzt. Gut, dass ihm in so mancher Situation sein älteres Ich (Jon Hamm, „Mad Men“) zur Seite steht. Dieses hat jedoch oft genug mit seinen eigenen Problemen zu kämpfen. Das Aufeinandertreffen der beiden Charaktere, die eigentlich ein und diesselbe Person darstellen, macht den besonderen Reiz der Serie aus. Das Zusammenspiel zwischen Radcliffe und Hamm, die sichtlich Spaß an ihren Rollen haben, ist perfekt und legt den Grundstein für den genrell heiteren Ton der Serie.

Zeitweilig erscheinen einige Szenen angesichts der reduzierten Arbeitsmittel, die Bomgard zu der Zeit zur Verfügung stehen, ein wenig blutrünstig. Das ist im nächsten Moment direkt wieder vergessen, wenn Bomgard das nächste Malheur passiert oder er sich seiner Abgeschiedenheit und seiner eigenwilligen Kollegen bewusst wird. Einigen Zuschauern könnte die Serie ein wenig zu hektisch sein, mir hat die straffe und zügige Erzählweise sowie das locker-leichte Schauspiel der beiden Darsteller sehr gut gefallen.

Kritik: „Downton Abbey“

Mit Erschrecken musste ich im Internet lesen, dass die Einschaltquoten von „Downton Abbey“, das derzeit bei ZDF ausgestrahlt wird (samtags gegen 13.50) entgegen aller Erwartungen und Hoffnungen sehr gering ausfallen.  Völlig zu Unrecht! Die britische Adelsserie unterhält auf hohem Niveau, angefangen bei den Requisiten über die Kostüme hin zu den vortrefflich ausgewählten Schauspielern. Mag es daran liegen, das der Sendetermin ungünstig gewählt, die Serie zu wenig beworben oder Serienjunkies sie eh schon im Originalton gesehen haben? Ich weiß es nicht.

Im Mittelpunkt stehen die Familien Grantham und Crawley sowie deren Hausangestellte. Die Serie spielt in den 1910/20-er-Jahren. Neben reichlich Dramatik (drohender Bankrott, Ausbruch des 1. Weltkriegs, Todesfälle in der Familie) kommt die Komik nicht zu kurz. Es macht einfach Spaß mitanzusehen, wie mit Erstaunen und Argwohn auf elektrisches Licht reagiert oder die richtige Beantwortung eines Telefongesprächs geübt wird, britische Höflichkeit inklusive. Für Lacher sorgt vor allem Maggie Smith, die in ihrer Rolle als Dowager Countess of Grantham für den nötigen Sarkasmus sorgt. Oft reicht hierfür schon ein einziger Satz aus.

Weitaus mehr als die Geschichten der adligen Herrschaft interessieren die Probleme und Beziehungen der Angestellten. Bates und seine spätere Frau Anna habe ich wegen ihrer Herzlichkeit direkt ins Herz geschlossen. Auch wenn Thomas und O’Brien in den vergangenen Folgen die ein oder andere Gemeinheit ausgeheckt haben, war ich doch traurig, als mit Shiobhan Finneran nach der 3. Staffel die Figur O‘ Brien verschwand. Schließlich sind Serien, in denen nur Friede-Freude-Eierkuchen herrrscht langweilig, oder? Zum Glück ist uns Thomas erhalten geblieben…

Kritik: „30 Rock“

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© alexentdecktdiewelt.wordpress.com

Ich habe für euch wieder eine Serienperle ausgegraben: „30 Rock“. Die von Tina Fey entwickelte Comedyserie — wie sollte es in Deutschland auch anders sein — wurde damals im Nachtprogramm versendet. Dieses Mal bei ZDF Neo. Dort erreichte sie am Premierentag eine sensationelle Einschaltquote von 0,0 Prozent. Mit 5000 Zuschauern lag sie unter dem Messbereich. Kein Wunder, wurde doch kaum Werbung für diese wunderbare Serie gemacht, die ich mir ausschließlich im Originalton angeschaut habe, da bei Comedyserien durch die Übersetzung meist einige Witze verloren gehen (ist mir besonders bei „Friends“ aufgefallen).

Wer absurde Comedy à la „Scrubs“ inklusive zahlreichen Rückblenden liebt, ist bei „30 Rock“ genau richtig. Man darf die Serie und die Geschichten nicht allzu ernst nehmen. Stattdessen sollte man sich entspannt zurücklehnen und einfach Spaß haben. Die Serie spielt hinter den Kulissen einer fiktiven Sketchsendung, die auf NBC ausgestrahlt wird. Im Mittelpunkt stehen die chaotische Chefautorin Liz Lemon (Tina Fey), die sich mit ihren exzentrischen Hauptdarstellern Jenna Maroney (Jane Krakowski) und Tracy Morgan (Tracy Jordan) herumschlagen muss. Rat (nicht nur bei beruflichen, sondern auch regelmäßig bei persönlichen Problemen) sucht sie immer wieder bei ihrem Boss Jack Donaghy (Alec Baldwin), der sich selbst als Liz‘ persönlicher Mentor empfindet und quasi seine Lebensaufgabe darin sieht, sie mit seinen Ratschlägen durchs Leben zu leiten. Man mag vom Privatmenschen Alec Baldwin mit seinen Wutausbrüchen halten was man möchte, die Rolle des selbstbewussten, von sich überzeugten und seiner Meinung nach unschlagbaren Networkchef ist wie für ihn gemacht.

Der Charakter Liz Lemon mit all seinen Problemen ist so herrlich normal, dass ich mich manchmal darin wiederfinde. Außerdem mal schön zu sehen, dass nicht wie so oft eine Zwanzigjährige im Fokus steht. Nicht vergessen darf man den stets liebenswürdigen und naiven Pagen Kenneth und all die anderen Sidekicks mit ihren Macken, die die Serie so sehenswert machen.

Kritik: „Wir sind doch Schwestern“

Anne Gesthuysen „Wir sind doch Schwestern" erschienen im Piper Verlag

© Piper Verlag

Heute stelle ich euch seit Langem endlich wieder ein Buch vor. Da ich in letzter Zeit stark beruflich eingespannt war, habe ich es nur abends kurz vorm Schlafengehen geschafft, ein wenig zu lesen. Meine Wahl fiel auf „Wir sind doch Schwestern“ von Anne Gesthuysen. Ein gute Wahl, wie sich im Nachhinein rausstellte. Im Mittelpunkt stehen die Schwestern Getrud, Paula und Katty, die sich auf dem Tellemannshof treffen, um den 100. Geburtstag von Getrud zu feiern. Während der Vorbereitung kommen einige Begebenheiten aus der Vergangenheit erneut zur Sprache, die zum Zwist zwischen Getrud und Katty geführt haben. Getrud konnte ihren Verlobten Franz nicht heiraten, da dieser von seinem Bruder, dem Hofbesitzer Heinrich, quasi für den Krieg „freigegeben“ wurde. Heinrich gab an, ihn nicht für die Hofarbeit zu benötigen. Schließlich fällt Franz im Krieg. Heinrich war gegen eine Heirat der beiden, da er Getrud als nicht standeswürdig erachtete. Der eigentliche Konflikt zwischen den beiden Schwestern entsteht dadurch, dass die jüngere Katty von Heinrich auf dem Tellemanshof angestellt wird, als ihr Vater in finanzielle Schwierigkeiten gerät. Katty und Heinrich, der eine politische Karriere anstrebt, verbindet eine besondere Freundschaft/Beziehung, die Getrud nicht gutheißt.

Wer jetzt ein Drama mit Tränen und Streitigkeiten ohne Ende erwartet, ist hier falsch. Vielmehr erzählt Anne Gesthuysen in ruhigen Worten und aus der Sicht der Schwestern die Geschichte . Wir bekommen einen intensiven Einblick in ihre Gefühls- und Gedankenwelt. Der Ton mutet locker-leicht an. Der Roman lässt sich wunderbar leicht lesen, also genau das Richtige, wenn man abends abschalten möchte. Viele passiert eigentlich nicht in „Wir sind doch Schwestern“, die Streitereien werden nur hier und da eingestreut. Es wird auf keine großen geschichtlichen Entwicklungen  eingegangen, obwohl Getrud in ihren 100 Lebensjahren einige Entwicklungen – seien sie politisch oder in gesellschaftlicher Hinsicht – durchgemacht haben muss. Einzige Ausnahme ist die Geschichte von Paula. Alles in allem bekommen wir eine Geschichte präsentiert, die sich angenehm lesen lässt, aber keine großen Emotionen hervorruft.

Anne Gesthuysen „Wir sind doch Schwestern“
erschienen im Piper Verlag
416 Seiten, Kartoniert
ISBN: 978-3-492-30431-3
€ 9,99 [D], € 10,30 [A], sFr 14,90

Kritik: „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“

Seit einer gefühlten Ewigkeit bin ich mal wieder mit dem Gedanken „Wow, das war ein schöner Film“ aus dem Kino gegangen. Hierfür hat Ben Stiller (Regie & Hauptrolle) mit seinem Werk „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ gesorgt. Ich bin eigentlich kein großer Fan von Ben Stiller, aber diese Sache hat er außergewöhnlich gut hinbekommen. Er spielt Walter Mitty, beim Life-Magazine zuständig fürs Fotoarchiv, angenehm zurückhaltend, dass es eine Freude ist, ihm bei seiner Entwicklung vom verträumten Angestellten zum wagemutigen Abenteurer zuzusehen.

Als großer Ally-McBeal-Fan haben mir besonders die mitunter abstrusen Tagträumereien und Fantasisequenzen sehr gut gefallen. Ich liebe es, wenn von den immer gleichen Bildern, Ideen und Gedanken abgewichen wird, und sich Filmemacher trauen, etwas anderes zu zeigen.  Für einige mag es am Anfang ein wenig zu viel dieser Ausflüge in Walter Mittys Gedankenwelt geben, für mich war es genau die richtige Menge. Begleitet wird der Film von wunderschönen Landschaftsaufnahmen, bei denen man direkt Lust verspürt nach Island oder Grönland zu reisen. Auch der Witz kommt nicht zu kurz (meinen Humor hat er zumindest getroffen). Perfekt ergänzt wird das Ganze durch einen wirklich gelungenen Soundtrack. Der Film schafft es auf jeden Fall in meine DVD-Sammlung!

Kritik: „Modern Family“

Ich habe mal ein wenig in meinem riesigen (Gedächtnis-) Serienfundus gekramt und folgende Serienperle gefunden: „Modern Family“. Während „Veronica Mars“ und „Luther“ vom ZDF im Nachtprogramm versteckt wurden, wird „Modern Family“ fast unbemerkt auf dem Spartenkanal RTL Nitro regelrecht versendet. In Deutschland haben es gute Serien nicht leicht. Auf RTL Nitro läuft derzeit die 3. Staffel der Comedyserie immer donnerstags um 20.15 Uhr.

Im Mittelpunkt steht die Familie Dunphy/Pritchett, angeführt vom abgeklärten Familienoberhaupt Jay. Dieser ist mit der halb so alten, üppig ausgestatteten und lauten Kolumbianerin Gloria verheiratet, die ihren in manchen Situationen recht merkwürdig anmutenden Sohn Manny mit in die Ehe gebracht hat. Seine mitunter pedantische, besserwisserische und gut organisierte Tochter Claire ist mit dem leicht chaotischen und kindlich wirkenden Phil verheiratet. Ihre Kinder könnten unterschiedlicher nicht sein: Haley interressiert sich vor allem für Partys und Jungs und ist in der Schule nicht gerade die Beste, während ihre Schwester Alex mit hervorragenden Noten überzeugt, dafür aber keine Sozialkompetenz aufweist. Luke, der Jüngste, kommt ganz nach seinem Vater. So tollpatschig wie er ist kein anderer. Claires Bruder Mitchell, Rechtsanwalt und ordnungsliebend, hat mit seinem aufgedrehten Lebenspartner Cameron Lily aus Vietnam adoptiert. Soweit die Familienverhältnisse.

„Modern Family“ kommt als sogenannte Mockumentary daher. Es hat den Anschein, als handle es sich bei der Serie um eine Dokumentation. Und darin liegt die Stärke von „Modern Family“: Die Erklärung, die die Familienmitglieder gegenüber den vermeintlichen Regisseuren und Kameramänner abliefern, oder welche Blicke sie ihnen zuwerfen, sind göttlich. Während ich bei anderen Serien meist eine Figur nicht besonders ausstehen kann (bei „Friends“ war es Phoebe, bei „Grey’s Anatomy“ ist es April) möchte ich hier niemanden missen. Das Zusammenspiel ist einfach zu perfekt, die Schauspieler sehr gut ausgesucht (allen voran Ed O’Neill, den ich früher als Al Bundy in „Eine schrecklich nette Familie“ nie wirklich leiden konnte, ihn hier aber genial finde). Die Witze sind nicht so abgenudelt wie bei „Two and a half men“, den Machern fällt immer wieder etwas Neues ein. So kann es gerne noch ein paar Staffeln weitergehen!

Kritik: „Das geheime Bild“ von Eliza Graham

© Blanvalet Verlag

Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich „Das geheime Bild“ von Eliza Graham mit in meine Liste der empfehlenswerten Bücher aufnehmen soll. Die ersten 200 Seiten war ich ganz angetan von der Geschichte, die sich um eine Privatschule in England dreht, in der Meredith als junges Mädchen mit ihrer Schwester Clara unter einem Wandgemälde ihrer Mutter ein Bild einer anderen, fremden Frau entdeckt. Seit der Entdeckung sind einige Jahre ins Land gezogen und Meredith kehrt, nachdem ihre Mutter gestorben ist und ihr Ehemann schwer im Krieg verletzt wurde, als Aushilfslehrerin nach Letchford zurück. Dort wird sie mit einem ungewöhnlichen Vorfall konfrontiert: Irgendjemand hat in einem Klassenzimmer eine ziemlich echt wirkende Reborn-Babypuppe zurückgelassen, die auch noch mit einem Messer „erstochen“ wurde. Nach und nach lüftet sich außerdem das Geheimnis um die mysteriöse Frau unter dem Gemälde. Die Wege führen ins ehemalige Böhmen.

So weit, so spannend. Der Beginn ist eine gelunge Mischung aus Familiengeschichte und Geschichtsrückblick mit Krimianleihen. Doch irgendwie hat sich die Autorin keinen Gefallen dabei getan, zwei verschiedene Geheimnisse parallel laufen zu lassen. So kommen beide Erzählstränge irgendwie zu kurz und werden zum Schluss ziemlich schnell abgehandelt. Besonders aus den Ereignissen, die 1968 in Prag spielen, hätte man viel mehr herausholen können. Das Lebensgefühl wird nur kurz angerissen, aber nicht weiter verfolgt. Auch die Auflösung, wer nun hinter der Sache mit der Puppe und weiteren merkwürdigen Vorkommnisse steckt, wirkt nicht wirklich überzeugend. An einigen Stellen fand ich sie sogar ein wenig lachhaft (einzig der Epilog hat mich in dieser Hinsicht ein wenig besänftigt).

Warum dann doch die Aufnahme in die Liste? Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Die Geschichte liest sich sehr flüssig und man hat zwei Drittel des Buches auch wirklich Spaß am Lesen. Vielleicht findet ihr ja den Schluss genau richtig. Außerdem schafft es Eliza Graham sehr gut, diesen typischen „In-einem-Internat-kann-es-nur-interessant-sein-denn-dort-passieren-die-tollsten-Dinge-Gedanken“, den man als Kind/Jugendlicher hatte, in einem wach zu rufen.

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Eliza Graham, Das geheime Bild, erschienen im Blanvalet Verlag, aus dem Englischen von Elfriede Peschel, € 9,99 [D]

Taschenbuch, Broschur, 384Seiten, ISBN: 978-3-442-37848-7